Freitag, 31. Oktober 2008

Die erste Oktoberwoche















Hey, es geschehen noch Zeichen und Wunder und ich komme tatsächlich mal wieder dazu, den Blog einigermaßen aufs Laufende zu bringen. Seltsam, seltsam. Da hat man zwar auf der einen Seite jede Menge Zeit, da man dieselbige aber auch für den kleinsten Pipifax benötigt, ist sie auch schon wieder verstrichen und man hat erst noch nichts erledigt. Naja, zumindest nicht alles, was man erledigen wollte.

Also: Nach dem Schulmontag war dann am Dienstag der besagte Feiertag und wir nutzten diesen Tag zum ersten Mal seit dem 7. August die Stadtgrenzen Accras zu verlassen. Wir wollten nach Aburi, um dort den berühmten botanischen Garten zu besichtigen. Mr. Amoh war der Meinung, dass er uns dort nicht alleine hinlassen könnte und vermittelte uns einen circa 16jährigen Jungen namens Schadrack, der uns dann führen sollte. Letztlich waren seine Befürchtungen umsonst – unsere Selbstständigkeit hätte durchaus ausgereicht, alleine nach Aburi und zurück zu kommen. Von der Tema Station, ein Trotro-Sammelplatz, der einen (fast) überall hinbringt, ging es dann mit dem beliebten und immer überfüllten Sammelgefährt nach Aburi. Es hatte viel, viel, viel Verkehr und so standen wir ab East Legon nur im Stau. Als wir dann das letzte Vorstadtdörfchen hinter uns hatten, lief es wie geschmiert und wir hatten eine tolle Fahrt, bei der es auch richtig bergauf ging. Aburi liegt ja auch 451 Meter über dem Meeresspiegel – da muss so ein Trotro dann schon mal richtig schnaufen. Aber was für eine Aussicht! In Aburi angekommen schlängelte sich unser Chauffeur durch enge, haarsträubende Sträßchen, die einen wieder mal wundern ließen, wie Verkehr in Ghana funktioniert. Der botanische Garten war recht schön, es gab auch einiges zu sehen, aber irgendwie hatten wir uns da ein Pfund mehr erwartet. Man setzt bei solchen Anlagen halt immer noch seine europäischen Vorstellungen an und die sind hier nicht immer zu erreichen. Ein Stück weit war es bestimmt auch anstrengend, weil Julius nach der langen und anstrengenden Fahrt auch etwas quengelig wurde, nur noch herumgetragen wurde und auf der verzweifelten Suche nach einem Eis war. Eine Gruppe Männer aus Teshie schloss sich dann plötzlich uns an und wichen uns nicht mehr von der Seite. Auch sie begannen dann für Julius ein Eis zu suchen – aber vergebens. Als unsere Begleitung dann Anja zu viel wurde und sie uns mit einer Runde Bier „freikaufen“ wollte, verabschiedete sich unsere Reisegruppe wieder und zog von dannen.
Auch wenn wir uns von dem botanischen Garten etwas mehr erwarteten, war es doch ein toller Tag und vor allem war es sehr erfrischend der hektischen Großstadt Accra zumindest für ein paar Stunden den Rücken zu kehren.

Die Woche war dann noch voll ausgebucht, denn am Mittwoch, den 1. Oktober hatte Anja ihren ersten Elternabend, der sehr erfolgreich verlief und am Donnerstag war ich mit Christoph auf einen Männerabend verabredet. Im Ryan’s Pub ließen wir uns ein paar Bierchen bei netten Gesprächen schmecken. Verwundert waren wir dann aber über die Tatsache, dass wir im Garten die einzigen Gäste waren und drinnen das Pub ordentlich gefüllt war. Klar, man muss abends mit den Moskitos vorsichtig sein, aber man kann ja mit langer Kleidung und mit Anti-Brumm auch Vorsorge treffen. Wir fanden es an der frischen Luft auf jeden Fall viel angenehmer, als in einem klimatisierten, runtergekühlten Raum. Nun ja: Jedem Tierchen sein Pläsierchen!!

Freitag war dann ‚Tag der Deutschen Einheit’! Wir waren – wie schon angekündigt – zum Empfang ins Golden Tulip Hotel eingeladen. Nach leichten Kleidungsproblemen – ich hatte zwar Anzug und Krawatte dabei, dafür aber Halbschuhe und Oberhemd in Deutschland vergessen – kreierten Anja und ich aus den vorhandenen Kleidungsstücken eine ‚festlich-lockere-eigenständige’ Kreation, mit der ich mich unter die Leute trauen konnte. Der Empfang war dann eine tolle Sache. Natürlich traf man viele bekannte Gesichter rund um die Schule, aber man lernte auch neue Leute kennen und wir waren dann schon überrascht, wie viele Deutsche, nämlich rund 800 – in Ghana zur Zeit leben. Und davon der größte Teil natürlich in Accra selber. Außerdem trafen wir dann endlich Gudrun Mallet, die uns vor unserer Reise nach Ghana mit vielen Informationen weiterhalf. Wir kannten sie noch gar nicht, denn der Kontakt entstand über ihre Nichte, die mit Maren in Hongkong im Kindergarten arbeitete. So klein ist die Welt! So war es schön, dass man sich endlich mal kennen lernen konnte und wir verabredeten uns auch gleich für die Herbstferien. Neben uns stand ein stattlicher, imposant wirkender Mann, um den sich ständig ein Haufen Menschen versammelte. Auf die Frage an Gudrun, um wen es sich denn da handele, wurden wir dann aufgeklärt, dass das eben J.J. Rawlings, der frühere Präsident Ghanas sei. 19 Jahre war er das Oberhaupt Ghanas und hat in diesem Land vieles bewirkt. Allerdings war er in seinen Methoden nie zimperlich und so wurden einige seiner Gegner hingerichtet und es kam wohl auch oft zu Übergriffen der gröberen Art. Sicher hat er viele Verdienste und sich für Ghana eingesetzt, aber wenn dabei Gewalt angewendet wird und auch vor Mord nicht zurückgeschreckt wird, dann entspricht das nicht unbedingt meiner Vorstellung von politischer Führung eines Landes. Als ich mir Rawlings ansah, dachte ich die ganze Zeit, woher ich ihn kenne und tatsächlich: Hannes Wüst, legendärer Wirt der ‚Hexenküche’ und leider viel zu früh verstorben, stand vor mir wie er leibt und lebt. Große, mächtige Erscheinung, verschmitztes Grinsen, der Bart – es stimmte alles. Und da Hannes bei seiner Leibesfülle auch immer gerne sehr weite Hemden trug, gab es sogar bei der Kleidungswahl absolute Deckungsgleichheit. Eine kurze Gänsehaut.
Die letzten Bierchen auf dem Empfang, bevor uns Festus wieder nach Hause fuhr, tranken wir dann noch gemütlich mit Sylvia und Daniel Langer, doch dann mussten wir nach Hause, denn unser Babysitter, Karin Biedermann (gleichzeitig auch Julius’ Kindergärtnerin) wartete ja auf uns. Julius hat den Abend mit Karin absolut genießen können und ist auch brav ins Bettchen gegangen und so setzten wir uns mit Karin in unser heißes Wohnzimmer und tranken noch ein, zwei Prosecco, beziehungsweise für mich noch ein lecker Bierchen. Zum ersten Mal abends ohne Kind unterwegs – was ein Erlebnis!

Doch unsere prall gefüllte Woche war noch nicht zu Ende, denn am Nationaltheater war eine deutsch-europäische Messe, an die ein „Oktoberfest“ angeschlossen war. Logo, dass wir dahingingen. Die Messe war ganz interessant und dann war es Zeit fürs Oktoberfest. Draußen spielte eine Musikkapelle ‚No woman no cry’ von Bob Marley im Marschmusik-Stil und es gab Bier (kein deutsches!) und deutsche Spezialitäten. Wir erfreuten uns an Frankfurter Würstchen und Brezel an einem weiß-blauen gedeckten Tisch, als plötzlich die Musik aufhörte. Gläser klirrten, Menschen schrieen und es war größte Aufregung. Von unserem Platz aus konnten wir dann sehen, dass einige Musiker ihre Stühle hoch über ihre Köpfe hielten und sich anscheinend auf eine Schlägerei vorbereiteten. Dann ging es ganz schnell, ein junger Kerl sprang aus dem Haufen an uns vorbei und wollte flüchten, wurde aber von den brüllenden Musikern, Bedienungen und wasweißichwernochalles verfolgt und auch ruckizucki gestellt. Man packte ihn nicht gerade zimperlich an, das Hemd war zerrissen, die Hose hing schief herunter und so wurde er vom Mob abgeführt – nicht ohne, dass jeder der Musiker an ihm vorbeilief und ihm ordentlich eins auf die Mütze gaben. Später erfuhren wir dann, dass dieser Typ ein Bier nicht bezahlen wollte, die Flasche dann auf den Kellner und die Musik warf, einem Musiker das Handy klaute und bei der ganzen Aktion auch noch den armen Kellner verletzte. Was wollten wir mehr! Authentizität pur – denn auch an die original-bayrische Wirtshausschlägerei wurde gedacht.
Am Sonntag haben wir dann nach dieser ereignisreichen Woche wirklich nur noch in unserem Labadi Beach Hotel gefaulenzt. Schön war’s!

Geburtstagskind der Woche: Am 3. Oktober feierte Anna Junghänel ihren 19. Geburtstag. Herzlichen Glückwunsch!

Freitag, 24. Oktober 2008

Back from Elmina


Wir sind wieder zurück von unserem ersten Urlaub, es war wunderschön und wir haben uns super erholt.

In der nächsten Woche bin ich dann auch wieder fleißig und werde hier alles auf den neuesten Stand bringen. Versprochen!!

Donnerstag, 9. Oktober 2008

Die vierte Septemberwoche

Ruhig, ruhig, ruhig!

Anja hatte am Dienstag mal wieder Konferenz und ich abends Fußball! Ansonsten Alltag zwischen Schule, Internet-Café, Trotro, Taxi, Ring Road, South-La-Estate undsoweiterundsofort.

Amüsante Randnotiz: Es war in dieser Woche noch nicht klar, wann in der kommenden Woche das Ende des Ramadans gefeiert wird, also auch schulfrei ist. Zuerst hieß es donnerstags. Dann pendelte es zwischen Montag und Dienstag. Der Mondwechsel fand zwar am Montag statt, somit also auch das Zuckerfest, aber ob da gefeiert wird. Die Schulleitung musste letztlich die Eltern (und auch die Lehrer) darum bitten, die öffentliche Presse zu verfolgen, wann denn jetzt Feiertag sei. Und tatsächlich: Am Freitag wurde dann von Regierungsseite verkündet, dass der Feiertag jetzt am Dienstag, den 30. September stattfinden würde. Wäre das also auch geklärt. Man stelle sich vor, Frau Merkel würde vier Tage vor Christi Himmelfahrt (auch ein Feiertag, der sich nach dem Mondwechsel richtet) bekannt geben, ob dieser jetzt am Mittwoch, Donnerstag oder Feiertag gefeiert wird.

Am Freitagabend waren wir bei Tanja und Christoph auf einen Hock eingeladen. Es war wie immer sehr nett und gemütlich, allerdings musste ich im Laufe des Abends feststellen, dass es mir immer blümeranter wurde. Nach einer abenteuerlichen Taxifahrt (Der Auspuff fiel mit lautem Gedöns auf die Straße, wurde dann vom fluchenden Taxifahrer wieder „festmontiert“ und wir blieben bei jeder kleineren Bodenwelle fast wieder liegen…), fiel ich dann erschöpft ins Bett,….um dann einen neuen Höhepunkt kirchlichen Treibens zu erleben. Als wir ins Bett gingen, war es nämlich noch ruhig, aber um Punkt 12 ging es dann los. Ich hatte mittlerweile Fieber, aber da auch Anja wach wurde und hörte, was ich hörte, konnte es nicht an der erhöhten Temperatur liegen. Bis kurz nach Vier wurde – alles schön mit Lautsprechern verstärkt – gelärmt und getobt. Jetzt waren wir zum ersten Mal richtig sauer auf dieses Gelärme. Grmpblxflcghrlchrhggggllllrrrr!!!!! (Möchte der Verfasser nicht übersetzen….)

Samstag lag ich dann richtig flach, aber am Sonntag ging es dann wieder und wir wollten zum Labadi Beach Hotel. Nach 30 Minuten wurde es dann aber immer bewölkter, stürmischer und kühler und so ließen wir uns einen Gutschein für einen weiteren Besuch ausstellen, um die Heimkehr anzutreten. Zuvor wollten wir aber Julius noch beim Hotel-Friseur die Haare schneiden lassen, was sich als Geduldsprobe für die gestressten Eltern herausstellte. Das war halt nicht seine Mimi, die ihm die Haare schnitt, sondern „fremde Leute“. Lautstarker Protest – vornehm ausgedrückt – nutzte nichts. Wir mussten diese erzieherische Probe bestehen und gewannen sie letztlich auch. Und wie immer: Am Schluss war es überhaupt nicht schlimm und Julius freute sich über seine tolle Frisur!!!

Geburtstagskinder der Woche: Fenja Blum feierte am Dienstag, den 23. September ihren 4. Geburtstag und 5 Tage später, am Sonntag, den 28. September hatte auch noch ihre Mutter Astrid Geburtstag!
Herzlichen Glückwunsch!!!

Die dritte Septemberwoche

Gleich am Montag (15.) morgen fragte mich George Amoh, unser Landlord, ob ich Zeit hätte, ihn zum Anwalt zu begleiten. Es geht immer noch um unsere Kirche und den damit verbundenen „Lärm“ hinter unserem Haus. Ich gab ihm zu verstehen, dass es sicherlich nicht immer nett für uns ist, aber wir nach wenigen Wochen in Ghana auch nicht als arrogante Weiße dastehen wollen, nur weil uns die Kirche im Hinterhof nicht passt. Mr. Amoh erklärte mir dann aber, dass er mich nur als „Verstärkung“ braucht, da der Rechtsstreit schon länger über ihn läuft und er mit seinem Mieter, der in seiner Nachtruhe gestört wird, der Sache etwas mehr Druck geben möchte. Den Gästen im Land soll es schließlich gut gehen. Interessant! So wie man auf der einen Seite als Weißer auch mal über den Tisch gezogen wird, (denn alle Weißen sind reich und vermögend, da tut’s ja nicht so weh) ist den Ghanaern auch wichtig, dass es einem gut geht und das Land möglichst positiv kennen lernt.
Beim Anwalt war es dann sehr nett, man wartete erst mal in einem Vorraum, der einen eher an ein Wartezimmer beim Arzt erinnerte. O.K., Doktoren sind sie ja beide…. Eher wie beim Arzt ging es dann auch zu, ‚Der Nächste Bitte’, und weiter geht’s. Kurze Schilderung des Sachverhalts, ein Telefonat des Anwalts mit der Versicherung, man bleibe dran, aber im Moment gibt’s nichts Neues, mit dem deutschen Gast, also mir, kurzes Aufzählen diverser deutscher Städte, Lachen und freundliches Verabschieden. Der Nächste, bitte! Ob während unserer Ghana-Zeit sich da tatsächlich noch was ändern sollte, wage ich zu bezweifeln.
Generell wollen wir jetzt auch nicht gegen die Kirche vorgehen, wir sind ja selber Kirchgänger. Andere Länder, andere Sitten und da muss man halt auch mal was tolerieren. Aber wir mir Mr. Amoh dann erklärte, ist das eigentlich gar keine Kirche, sondern eine Schule. Die Schulleitung vermietet dann aber abends (und Sonntagmorgen) das Gebäude an eine One-Man-Priester-Show. Also auch keine öffentliche Kirche, sondern ein Priester, der sich von Gott berufen fühlt, Seherqualitäten hat, damit Leute anlockt, wahrscheinlich abzockt und mit denen einen Heidenlärm veranstaltet. Mr. Amoh wollte auch mal morgens den Herrn ‚Priester’ zur Rede stellen, wurde aber brüsk mit den Worten davon geschickt: „Jetzt nicht! Der Priester muss schlafen!“ Na, das ist wohl eher eine intolerante Einstellung, die den Unmut von Herrn Amoh sehr verständlich macht.

Ansonsten war es eine eher ruhige Woche – ich fühlte mich nicht ganz so dolle, nichts Bestimmtes, aber es lief nicht ganz rund. Somit gab es für mich am Dienstag auch kein Fußball. Am Freitag waren wir mit Tanja und Christoph im Chickin’Lickin’, einer Art ‚Fast-Food-Bar’ ganz bei uns in der Nähe. Dort gibt es wirklich hervorragende Burger, aber ansonsten ist es dort eher mühsam. Jede zweite Position auf der Karte gibt es grad mal nicht, der Service ist nicht als Kundendienst zu bezeichnen und die Atmosphäre im Innenhof ist auch eher kühl und lieblos. Natürlich hatten wir trotzdem einen schönen Abend, den wir noch bei uns ausklingen ließen. Und wie es beim Vorführeffekt halt ist: Wir wollten dann mal Schlatters die ganze Pracht einer „Freitag-Abend-Voodoo-Lärm-und-Krakeel-Messe“ zeigen und es war……ruhig! Hmmmm. Das machen die doch mit Absicht.

Dass wir von unserer Kirche dann doch nicht ganz vergessen wurden, zeigte sich dann am Sonntagmorgen um 5.00 Uhr. Da ging nämlich die Mikrofon-Probe los. Und zwar so, dass wir gleich mal senkrecht in den Betten standen. Gelobtes Wochenende! Die Lautstärke dieser Mikrofonprobe erinnerte dann auch eher an ‚Rock am See’ als an eine ‚Messe’.

Um diese ‚sakrale Woche’ dann abzurunden, gingen wir dann um 9.00 Uhr selber zum Gottesdienst in die Kathedrale. Wir bekamen das Auto von unserem Landlord zur Verfügung gestellt und konnten so mal wieder die Vorzüge des individuellen Straßenverkehrs genießen. Es ist zwar O.K. mit Taxi und Trotro seinen Alltag zu bewältigen, aber zum einen ist halt per Trotro auch nicht alles erreichbar und zum anderen möchte man halt auch einfach mal unabhängig sein. Ein herrliches Gefühl!

Der Gottesdienst war sehr schön und eindrücklich und die Nachbarschaft wurde nicht gestört, haha. Die Liturgie entspricht etwa in unserer und von daher ist es immer angenehm und schön, wenn man bekannte Elemente wieder erkennt und dadurch auch innerhalb der Feier eine Orientierung hat. Lesung (2 Stück!) und Evangelium wurden in Englisch und Twi gehalten und die Kirchenlieder waren entweder europäisch-kirchlich geprägt oder dann eben afrikanisch-rhythmisch! Eine tolle Mischung für Meditation und Begeisterung. Die Predigt ging für meinen Geschmack zu lang und hat sogar Pfarrer-Weißer’sche Rekorde locker gebrochen. Darin ist aber wohl auch einfach ein kultureller Unterschied zu sehen, denn die Predigt als Leitwort, als Mahnung und als Gebot zählt hier viel mehr als bei uns und muss daher länger und eindringlicher gestaltet sein. Die Kollekte hat sich völlig von unserem ‚Klingelbeutel’ unterschieden. Während bei uns ruhig und meditativ parallel zur Gabenbereitung die Ministranten das Opfergeld in den Reihen einsammeln, wurden hier vorne Opferstöcke aufgestellt, zu denen dann gepilgert wurde. Das heißt, es gab Musik, es wurde gesungen und dazu gingen dann – Reihe für Reihe – die Gläubigen nach vorne, um ihren Obulus zu entrichten. Das hatten wir dann auch begriffen, nachdem Anja mit Julius vor allen Leuten nach vorne ging, das Geld abgab und wir uns wunderten, warum denn sonst niemand mehr kam. Aber dann ging es los! Und wie! Beim nächsten Mal wissen wir es dann, wie es geht….

Auch anwesend war ein Hochzeitspaar mit Familienanhang, die aber schon tags zuvor geheiratet hatten. Trotzdem kommt man noch mal in voller Montur, denn es werden von den Familien zur Gabenbereitung ‚Gaben für den Pfarrer!’ an den Altar gebracht. Das waren Lebensmittel aller Art, aber auch Toilettenpapier und andere nützliche Dinge für einen gutsortierten Haushalt durften nicht fehlen. Hier kümmert sich die Gemeinde noch um das Wohl ihrer Seelsorger.

Zum Ende des Gottesdienstes gab es – wie auch bei uns üblich – einen Segen. Der Unterschied lag darin, dass alle, die für die kommende Woche einen besonderen Segen wollten, nach vorne an den Altar kommen konnten und entsprechend gesegnet wurden. Also sehr, sehr nass!

Was uns auch auffiel, dass rund um den Gottesdienst viel, viel mehr Laien eingesetzt werden als bei uns. Vom Platzanweiser angefangen über Lektoren, Musiker, Sänger, Fürbitter und vielen mehr, waren viel mehr Leute in den Gottesdienst mit eingebunden als bei uns.

Nach der Kirche wurden wir dann von vielen Kirchenbesuchern begrüßt und willkommen geheißen. Eine sehr freundliche, feierliche und eben sonntägliche Atmosphäre. Man fällt mit weißer Haut in einem ghanaischen Gottesdienst halt doch auf. Die Menschen gehen dann auch nicht gleich nach Hause, sondern verweilen auf dem Kirchplatz, es wird gegrillt, der ‚Kirchenshop’ hat geöffnet und man kann verschiedene Stände besuchen. Nach langem, über 2 Stunden dauernden Gottesdienst wollten wir dann aber doch nach Hause und einfach nur faulenzen, faulenzen, faulenzen.
Herrlich!

Ach ja: Tags zuvor gingen wir nach unserem wöchentlichen Skype-Termin mit Maren, Terry und dem süßen Jakob-Baby auf den Kaneshie-Markt. Dabei handelt es sich um keinen Marktplatz oder ein Marktgelände, sondern um ein dreistöckiges Marktgebäude. In der untersten Etage gibt es Lebensmittel, im ersten Stock gibt es Haushaltswaren aller Art und im zweiten Stock ist dann die – ich nenne sie jetzt mal so – Textilabteilung. Alles laut und eng, es riecht mal gut, mal weniger gut, innerhalb des Gebäudes sehr duster und irgendwie hat man immer den Eindruck, dass das der letzte Tag des Kaneshie-Marktes ist. So viele Menschen in so einem maroden Bau – das kann doch nicht gut gehen! Wie schon beim Malata-Markt erwähnt: Ich schau’s mir gern mal an – dann isses aber auch wieder gut!

Geburtstagskind der Woche: Mein Patenkind Dominik, der am 16. September seinen ersten Geburtstag feierte.
Außerdem feierten Dani und Christian Bücheler am Freitag, den 19. September ihren 21. Hochzeitstag.
Herzlichen Glückwunsch!!!

Freitag, 3. Oktober 2008

Tag der deutschen Einheit


Das ist ja schon lustig - da muss man erstmal ins Ausland gehen, um seinen eigenen Nationalfeiertag zu feiern. In Deutschland waren wir eigentlich regelmäßig am Heimatmuseum-Fest. Das gehört in unserem reichhaltigen Festkalender zu den Highlights, da es eine ganz besondere, gemütliche Stimmung hat. Dieses Jahr eben ohne uns - dafür werden wir heute Abend zum Empfang der deutschen Botschaft im Golden Tulip Hotel gehen. Mal schauen, wie das so wird - wir berichten....

Mittwoch, 1. Oktober 2008

So sieht Anjas Schulalltag aus!





Festus


Nach der Anfangszeit und vielen kleinen und großen Dingen, die es zu organisieren galt, wird es nun zunehmend schwieriger chronologisch spannende Geschichten zu erzählen. Denn letztlich hat einen jetzt doch der Alltag eingeholt, der recht routiniert durchrollt. So kann man vielleicht den Platz nutzen, auch mal die eine oder andere Randnotiz intensiver vorzustellen, die aber auch zu unserem täglichen Leben gehört.

So zum Beispiel Festus, unser Taxifahrer. Man konnte ihn fototechnisch ein paar Beiträge weiter unten bewundern, was aber ‚unser Taxifahrer’ bedeutet, ist dann doch eher unklar. Soll das heißen: Wow, die Wurzens sind jetzt aber ganz schön mondän geworden und leisten sich einen eigenen Chauffeur? Ja und nein. Ausgangspunkt ist, dass wir noch immer kein eigenes Auto besitzen und in nächster Zeit auch keins kaufen wollen. Ein eigenes Auto kostet hier (auch gebraucht) eine richtige Stange Geld und die haben wir nicht. Denn selbst eine richtig alte Büchse kostet gleich mal 2500 US Dollar (und das ist günstig!!!) und dann hat man eine Gurke, mit der man ständig in der Werkstatt sitzt und neue Kosten produziert und außerdem einen normalen PKW, mit dem man außerhalb von Accra, aufgrund der vielen Schlaglöcher sich eh’ nicht aufhalten sollte. Also braucht man einen Offroader. Und der kostet dann noch mehr Geld. Und ob der dann auch konstant läuft, ist dann die andere Frage. Also kein Auto.

Zur Schule (und zum Kindergarten) sollten Anja und Julius morgens aber kommen und da ist das Trotro auch nicht zu empfehlen. Da Taxifahren in Accra recht günstig ist, haben wir uns nach einem (vertrauenswürdigen) Taxifahrer umgesehen und mit ihm gehandelt. Eben unser Festus. Er fährt jetzt meine Familie 8 x in der Woche von unserem Heim zur Schule und wieder zurück. Bei 5 Schultagen hin und zurück sind das zwar 10 Fahrten, aber zweimal kriegen Anja und Julius dann mittags auch mit dem Trotro hin. Und für mich ist es zeitlich sowieso kein Problem später mit dem Trotro später an die Schule zu kommen. Hab’ ja (bis auf meinen Klavierunterricht) ja keinen Stundenplan.

Mit Festus haben wir jetzt einen sehr guten, fast unschlagbaren Preis ausgehandelt und so steht er zu vereinbarten Zeiten morgens bei uns vor dem Haus (zu 90 % pünktlich, eine ghanaische Traumquote!) und mittags an der Schule (da liegt die Pünktlichkeitsquote eher in ghanaischen Verhältnissen bei 50 %...). Morgens kann es dann mal passieren, dass er sogar überpünktlich ist, und die Wartezeit im Auto für ein zweites Schläfchen nutzt. Da hat dann Julius immer seinen großen Spaß, Festus zu wecken…

Insgesamt funktioniert und rollt das wunderbar und wir sind dankbar, dass wir unseren Festus haben. Gleichzeitig freut er sich über einen festen und verbindlichen Auftrag über die ganze Woche. Und: Wenn wir sonst mal ein Taxi brauchen (Elternabend etc.), dann rufen wir natürlich unseren Festus und lassen lieber ihm als einem anderen die Kohle zukommen. Eine Hand wäscht die andere…