Dienstag, 2. September 2008

Zeit und andere Faktoren



Am Anfang war der Rhythmus. Der afrikanische Rhythmus. Und der europäische. Wenn man im August in Ghana ankommt, hat man erst mal kein Problem mit dem Klima. Es ist noch nicht so heiß und man verträgt es somit ganz gut. Womit man aber zu recht kommen muss, ist der Rhythmus. Der gesamte Lebensrhythmus.

Zum einen heißt es, überall warten zu lernen. Gleich am ersten Tag wollte ich eine Handy-Karte holen. Dafür gibt es an fast jeder Ecke kleine Stände. Nachdem man sich erklärt hat, stellt die freundliche Verkäuferin fest, dass sie zwar im Moment keine gewünschten Handy-Karten vorrätig hat, aber die auch jeden Moment kommen müssen. Also: Have a seat, pliiizzz! So sitzt man, beobachtet das Leben und wartet. Irgendwann kommen dann die gewünschten Artikel und dann geht es auch relativ schnell. Mit herzlichen Verabschiedungsformeln zieht man von dannen. Und so ist es überall! Have a seat und warten, warten, warten! Dabei erweist sich dann der Ghanaer als vorbildlicher Warter. Wenn zum Beispiel ein Geschäft um 10.00 Uhr öffnet, stehen die Leute bereits kurz nach 9 davor und warten geduldig bis um 10 die Ladentür aufgeht, obwohl sie wissen, dass es vorher nichts gibt.

Im Gegensatz dazu gibt es dann aber auch Geschwindigkeit, an die man sich gewöhnen muss. Nämlich im Straßenverkehr. Hier geht es sehr quirlig, chaotisch, aber auch fair zu. Dabei ist das wichtigste Objekt am Auto die Hupe. Es hupt und hupt und hupt unentwegt, denn man sollte sich ja bemerkbar machen, damit auch jeder weiß, was man im Verkehr so treibt. So hupt man, um den Vordermann darauf aufmerksam zu machen, er solle doch bitte einen Spurenwechsel vornehmen, aber auch um anzuzeigen, dass man selber einen Spurenwechsel vornimmt. Man hupt, wenn man an einer Querstraße vorbeifährt, um zu signalisieren: Holla, hier komm’ ich. Man hupt, wenn man beabsichtigt, aus einer zweispurigen Straße oder Kreisverkehr eine dritte, oder vierte Spur zu ergänzen. Man hupt. Man hupt. Man hupt. Der kunstvollste Huper fuhr uns vom Labadi Beach zur Schweizer Schule. Sein linker Zeige- und Mittelfinger lag locker auf der Hupe und bis zu unserem Ziel (ca. 15 Minuten) hupte er unentwegt. Das alles passiert mit einer recht hohen Geschwindigkeit.

Damit sind wir auch beim nächsten Thema. Die Lautstärke. Der Lärm. Zum einen sind es natürlich, wie eben erwähnt, die 100000 Hupen, die man hört. Aber auch die unzähligen Menschen, Sirenen, Trommeln, Hühner, Ziegen, Kühe (ja genau – mitten in der Stadt!) verursachen eine permanente Geräuschkulisse, mit der man erst mal klar kommen muss.Diese Faktoren (und noch ein paar mehr) sind es, an die man sich gewöhnen muss.

Und das braucht seine Zeit. Ist auch nicht weiter schlimm, denn: Have a seat, pliiiiz!

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