Montag, 1. Dezember 2008

Die dritte Novemberwoche

Nicht Kevin, sondern Familie Wurz wieder alleine zu Hause und jetzt war es doch an der Zeit – so schön es auch war – wieder etwas aufzuarbeiten. Ich hatte mir viel vorgenommen, wurde in meinem Arbeitswahn jäh am Dienstag unterbrochen, als der Strom mal wieder ausfiel. Also plante ich zum Danquar Circle und von dort ins Sharpnet Internet Café zu gehen, da es dort eben noch Strom in Hülle und Fülle gab. Erst mal warten, bis Madame Mercy mit ihrer Arbeit fertig war und als sie von dannen trottete, ging es dann Richtung Danquar. Schon wieder auf dem Heimweg, klingelte dann mein Handy und Mr. Amoh fragte mich am anderen Ende, ob ich denn nicht zu Hause wäre, da bei uns das Wasser laufen würde. Nein, ich bin nicht zu Hause, bitte schalten Sie doch die Sicherung für die Pumpe aus. Als ich nach Hause geeilt war, sah ich dann die Bescherung. Nicht nur das Bad war überflutet, sondern auch unser Gästezimmer und auch das Wohnzimmer! Das Wasser stand überall knöcheltief! Shit!!!
Was war geschehen? Die Zusammenhänge zwischen Wasser, Strom und Pumpe habe ich ja schon an anderer Stelle erläutert und sind eigentlich auch jedem klar. Kein Strom, keine Pumpe, kein Wasser! Logo. Nur nicht eben für Mercy, die – noch während des Stromausfalls – Wasser aus der Dusche holen wollte und, als da logischerweise kein Wasser kam, es nicht für nötig fand, den Wasserhahn wieder zuzudrehen. Mercy ging, ich ging, Strom kam, Pumpe lief und eben auch viel, viel Wasser! Jetzt hatten wir die ganze Zeit gar kein Wasser und dann eben zuviel. Natürlich sofort Mercy angerufen, dass sie mir beim Putzen helfen kann. Als sie dann endlich, endlich langgeschlapft kam, wollte sie mir dann erklären, dass sie ja keine Schuld trifft, denn als sie den Wasserhahn öffnete, kam ja auch kein Wasser! Dieser Theorie hängt sie noch bis heute an. Den tiefen Teller hat sie wirklich nicht erfunden!!!
Es gab also viel zu tun, Möbel raus stellen, Schränke vorräumen und eben Wasser schöpfen, Wasser schöpfen, Wasser schöpfen. Zwischenzeitlich – mal wieder – meinen Fußballtermin absagen und weiter geschuftet. Das Resultat: Gegen Abend eine trockene und saubere Bude und bis Ende der Woche einen kräftigen Muskelkater!!!
Am Mittwoch hatte ich dann endlich mal wieder Klavierunterricht und es war klar, dass ich nach den letzten zwei Müßiggang-Wochen kräftig Nachholbedarf hatte. Mit meinem Yamaha-Keyboard – bei Melcolm für 199 cedis (circa 130 €) erstanden und bei Koala für 360 cedis im Angebot! – habe ich jetzt aber auf jeden Fall viel bessere Möglichkeiten zu üben.

Nach der Schule fassten wir kurzfristig einen Entschluss! Wir wollten zum Fußball gehen, denn heute spielte in Accra die Nationalmannschaft von Ghana gegen Tunesien. Wir trafen uns am Stadion mit Rex, einem Ghanaer, der bis voriges Jahr in Kaiserslautern lebte und sich jetzt in Accra selbstständig gemacht hat. Die Karten hatte Rex für uns schon besorgt. Der Eintrittspreis betrug 2 cedis, also so ungefähr 1,30 €. Super! Das Spiel war dann eher unterirdisch, aber es war sehr lustig, das Treiben auf den Rängen zu beobachten. Der Grundsatz in deutschen Stadien: „Die Treppen müssen frei bleiben!“ ist definitiv noch nicht in Ghana angekommen und auch die etwas unorthodoxe Weise, in seinen Block zu kommen, würde in Deutschland so nicht funktionieren. Da nämlich keiner Lust hat, außen am Stadionrand entlang zu laufen und sich seinen Block zu suchen, gehen alle zentral durch den selben Aufgang ins Stadion, um von dort solange über die Absperrungen zu klettern, bis man in seinem Block ist. Unglaublich. Julius hatte mit seinen 4 Jahren schon seinen ersten Stadionbesuch und es hat auch ihm großen Spaß gemacht, wenn auch der Kick ihn verständlicherweise nicht 90 Minuten fesseln konnte. Mich aber auch nicht. (Mein erster Stadionbesuch war übrigens im Frühjahr 1989 mit 21 Jahren beim Spiel VfB Stuttgart – Bayern München mit dem Endergebnis von 1:2 durch Tore von Gaudino für Stuttgart und Ekström und ??? für Bayern. In einem Flugzeug war ich zu diesem Zeitpunkt auch noch nicht, das kam dann erst 1993. So ändern sich die Zeiten, lieber Julius!) Insgesamt brauchten wir für Tickets, Getränke und Taxifahrten 15 cedis, also circa 10 Euro. Und zuhause waren wir um 20.00 Uhr. Da kann man nicht meckern!!!

Anja fuhr dann am Donnerstag mit ihrer Oberstufe nach Hebron, wo sie mit ihren Schülern das Hilfsprojekt ‚Chance for Children’ besuchte. ‚Chance for children’ wird von Daniela, einer Schweizerin aus St. Gallen geleitet, die vor über 10 Jahren als Praktikantin an die RMS Schule kam und daraufhin den Entschluss fasste, etwas für die ärmeren und vernachlässigten Kinder zu tun. Mit heiterer Miene beweist sie dabei viel Durchhaltevermögen und ist für viele Kinder und Jugendliche nicht mehr wegzudenken. Schön, dass die Kooperation zwischen Schule und Projekt wieder aufgenommen wurde.
Ich war am Vormittag mit George Amoh vor Gericht. Es ging immer noch um unsere charismatische Kirche hinterm Haus und er hatte einen Termin, an den er mich als ‚Zeugen’ mitnehmen wollte. Die Gerichtssäle sind nichts anderes als offene Baracken, ein paar Bänke drin und ein unglaubliches Gewusel. Na ja, wen wundert es denn noch – wir sind ja in Ghana! Geduldig warteten wir, bis wir an der Reihe waren, bis Amohs Anwalt antrabte und uns mitteilte, dass unsere Angelegenheit auf Donnerstag, den 4. Dezember verschoben wurde. Also mal alles wieder umsonst und einen neuen Termin im Kalender. Super!
Die Richter tragen übrigens noch alle Perücken – die Briten können es nicht ganz verleugnen, dass sie lange Einfluss an der Goldküste hatten. Merkt man eben noch heute. Meine Begrüßung durch den Anwalt fiel dann sehr ghanaisch aus, eine Mischung aus Fernfahrer-Gruß und Hip-Hopper-Ritual. Auf jeden Fall von einem Anwalt sehr ungewohnt. Außerdem musste ich mir die ganze Zeit Wolfi Frick in diesem Chaos vorstellen und wohl deswegen konnte man mich im Gerichtshof nur mit einem Dauergrinsen begegnen. See you in two weeks!

Am Freitag waren wir dann bei Tanya eingeladen, die ihren Geburtstag zwar erst am darauffolgenden Montag feierte, aber schon 3 Tage früher in ihren Garten bat, damit auch alle, und eben auch der ‚local staff’ daran teilnehmen konnten. Es war eine tolle, schöne und vor allem sehr, sehr entspannte Atmosphäre, es gab Kebap vom Grill, gemischtes Obst, Bruschetta, Bowle, Wein & Bier und vieles mehr! Wow! Mein Vorschlag an die Schlatters doch bitte einmal pro Monat das zu wiederholen, fiel dann aber nicht auf viel Gegenliebe.

Nachts bekam dann Julius hohes Fieber und wir wussten noch nicht, ob wir am nächsten Tag mit ihm zum Weihnachtsbasar an die Schule gehen konnten. Das Fieber war dann aber wieder weg und so zogen wir gemeinsam los. Anja hatte über die Familie Otte gespendete Stoffe, – richtig tolle Textilien - die sie mit ihrer Oberstufe verkaufte. Der Erlös sollte dann an ‚Chance for Children’ gehen. Und ich bezog Stellung bei Ruben hinter der Theke und war das erste Mal seit Juli wieder gastronomisch tätig. Hat aber noch alles funktioniert und mir ist auch kein Tablett runtergefallen.
So um 15.00 Uhr bin ich dann aber schon mal mit Julius nach Hause gefahren, da nach seiner Fieber-Nacht jetzt doch die Kräfte schlapp machten und Anja logischerweise noch bei ihrer Klasse bleiben sollte.

Sonntags sind wir dann mit dem Taxi zur Accra Mall rausgefahren und haben dabei einen sehr netten Taxifahrer- Alex – kennengelernt ,der uns auch für einen sehr fairen Preis hin- und herfuhr.
Abends wollten wir dann noch zum Essen gehen und wer fuhr uns nach 10 Meter vor die Nase? Alex. So sieht man sich manchmal schneller wieder, als man denkt. Und Alex hat mit uns an diesem Sonntag eine gute Schnitte gemacht. Wir waren dann im Dynasty, ein chinesisches Restaurant in Osu, das in unserem Reiseführer als bester Asiate gehandelt wird. Es war sehr gut, aber die Portionen waren – um mit Loriot zu sprechen – sehr übersichtlich und auch das Preis-Leistungs-Verhältnis passte da nicht so recht zusammen. Dann beim nächsten Mal halt wieder Hin Lone. Hat halt auch seinen Grund!!!

Die Geburtstagskinder der Woche: Am Samstag, den 22. November hatte Heidi Hoffmann, Mama unserer Patenkinder Emily und Lily Geburtstag. Herzlichen Glückwunsch!!!

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